Obsidian: Software für Notes, Publishing und persönliches Wissensmanagement

Inhaltsverzeichnis
Nachdem meine App der Wahl für Notetaking sehr lange MarkText war, bin ich nun bei der Obsidian Software gelandet und möchte hier von meinen Erfahrungen berichten.
Ich wollte vor einiger Zeit einen längeren Text schreiben und habe nach einem geeigneten Tool für Linux gesucht außerhalb der Office-Welt. Bei Osidian in Verbindung mit dem Longform Plugin war ich schließlich fündig geworden.
Im Folgenden werde ich einen Überblick zu Obsidian und den Einsatzgebieten der Software geben und dabei auch von meinen eigenen Erfahrungen berichten.
Die Software ist für unterschiedliche Einsatzfelder sehr flexibel einsetzbar und erweiterbar. So muss ich mich also auf einige ausgewählte Aspekte der Anwendung beschränken.
Die Obsidian App im Überblick
Obsidian ist im ursprünglichen Sinne ein vulkanisches Gesteinsglas. Bei der Obsidian Software findet sich die typische Form in Logo wieder. Obsidian kann u.a. als Wissensdatenbank und Notizsoftware verwendet werden. Die App arbeitet mit Markdown Dateien. Obsidian ist kein Open-Source-Projekt.
Der Hersteller selbst spricht von einem "zweiten Gehirn". Nutzer können Ordner und Notizen erstellen und diese mit Metadaten verknüpfen (Verlinkungen, Tags, Ordnerstrukturen). Die Verbindungen zwischen den Notes können dann als Diagramm visualisiert werden. So kann Wissen und Know-how auf flexible, nicht-lineare Weise organisiert und strukturiert werden.
Über eine Vielzahl von Erweiterungen und Themes kann Obsidian für eigene Anforderungen und Einsatzzwecke angepasst werden. Die Software ist beliebt bei Developern, Schriftstellern und Wissenschaftlern, bietet sich aber eben auch als Wissensdatenbank für den privaten Nutzer an.
Alle Dateien werden auf dem eigenen Gerät bzw. wahlweise auch in der persönlichen Cloud gespeichert. Für Teams ist Obsidian ungeeignet wegen dieses "local-first" Charakters. Hier muss auf andere Lösungen wie etwa Notion zurückgegriffen werden.
Obsidian ist für den persönlichen Gebrauch kostenlos. Wird die App kommerziell genutzt, oder werden die Dienste für Synchronisation oder Publishing verwendet, so muss dafür bezahlt werden; 10 US$ für den Sync mit der mobilen App, 20 US$ für Obsidian Publishing im Web.
Installation und Einrichtung von Obsidian
Zunächst lädst du dir die App für das Betriebssystem deiner Wahl herunter. Obsidian gibt es für Windows, macOS, Linux und mobil für Android sowie iOS. Das Look-and-Feel ist jeweils sehr ähnlich und die Anwendung verhält sich wirklich sehr performant.

Nach Abschluss des Downloads folgst du den Installationsanweisungen. Lege deine Sprache fest und erstelle einen neuen Ordner, in dem Obsidian alle Daten ablegen soll, auch "Vault" genannt (zu deutsch "Tresor"). Falls du schon ein Verzeichnis mit Markdown Dateien hast, kannst du auch dieses nutzen.
Es ist grundsätzlich auch möglich, mehrere Vaults parallel zu betreiben, z.B. für Beruf und Privatleben getrennt. Der Vorteil ist, dass du dann jeweils individuelle Plugins und Workflows aufsetzen kannst und eine bessere Übersicht behältst.
Falls du Dropbox, iCloud oder eine andere Backup- bzw. Synchronisationssoftware nutzt, empfiehlt es sich, den Vault dort anzulegen. Dann hast du gleich auch eine Möglichkeit für Backup und geräteübergreifende Nutzung.
Für den Import vorhandener Textdateien kannst du einfach .txt Dateien in .md Dateien umbenennen und in dein Obsidian Verzeichnis verschieben. Anschließend sind die Texte direkt sichtbar und editierbar.
Das Anlegen von Ordnern und Notes funktioniert intuitiv über das Menü oben links (Symbole "Neuer Ordner" bzw. "Neue Notiz").
Ausführliche Hilfe zur Installation und den ersten Schritten gibt es hier (in englischer Sprache). Weiteren Support findest du in den Communities bei Discord und Reddit sowie im Obsidian-Forum.
Markdown Editor für Obsidian Notes
Obsidian arbeitet in Notizen mit dem Markdown Format. Der Markdown Editor übersetzt entsprechende Auszeichnungen in Textformat, ähnlich einem WYSIWYG Editor. Markdown Notes können in jedem Texteditor geöffnet und auch als HTML weiter verarbeitet werden.
Vorteile des Markdown Editors ggü. Textverarbeitungsprogrammen sind insbesondere:
- Extrem performantes Arbeiten,
- offenes und transparentes Format,
- vielfältige Export- und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten,
- keine HTML-Kenntnisse notwendig, aber voll kompatibel,
- breites Spektrum von Markdown unterstützenden Plattformen (u.a. Discord, Reddit, Notion, Github, Jamstack, Stack Overflow, WordPress, viele weitere CMSe)
- unabhängig von speziellen Betriebssystemen.
Markdown ist einfach erlernbar. Im Folgenden habe ich ein paar grundlegende Markdown Auszeichnungen zusammengestellt:
# Überschrift 1. Ebene
## Überschrift 2. Ebene
*Text kursiv*
**Text fett**
*** Text kursiv und fett***
- Liste ohne Numerierung
1. Liste mit Numerierung
> Zitat
Ein [link](https://pagenstedt.de "Meine Website")
Das Markdown wird vom Editor automatisch in standardisierte Formatierungen "übersetzt".
Ist das alles zu mühsam, kannst du dir als Erweiterung eine Editing Toolbar in Obsidian installieren, die so ähnlich aussieht wie bei Word.
Bedienung der Obsidian Software
Navigation und Menüs
Das Bedienkonzept von Obsidian ist eigentlich recht intuitiv, hier einige der verfügbaren Ansichten und Menüs.

Menüleiste oben links im Hauptfenster
- Dateiexplorer: Hier werden Ordner und Dateien angezeigt. Du kannst sortieren, umbenennen, löschen und durchsuchen.
- Suche: Volltextsuche, Suche nach Tags, Ordnern oder Dateien.
- Favoriten: Hier kannst du Favoriten ablegen, also z.B. Dateien, an denen du gerade arbeitest. Dazu Texte in der Dateiansicht mit der rechten Maustaste mit Stern markieren.
Befehlsleiste linker Rand (Ribbon Menü)
- Schnellauswahl: Einfache Navigation - gib einfach den Namen der Datei oder des Ordners ein, den du suchst.
- Befehlspalette öffnen: Schnellauswahl von Commands über Schlüsselwörter (Obsidian und Plugins).
- Graphen Ansicht: Hier werden alle internen Verknüpfungen über Ordnerstrukturen, Tags oder direkte Verlinkungen angezeigt. Du kannst durch Klick in die Graphen navigieren.
- Einstellungen und Hilfe: Unten links finden sich die Einstellungen, das Hilfe Menü sowie die Möglichkeit zum Öffnen eines anderen Vaults.
Die Befehle in der Leiste links lassen sich anpassen über die Einstellungen (Darstellung / Ribbon Menü).
Zusatzinformationen (rechtes Ausklappmenü)
Rechts vom Editor können zusätzlich Informationen eingeblendet werden. Dazu gehören:
- Tag-Explorer: Hier werden alle Tags der Obsidian-Datenbank anzeigt. Du kannst durch einen Klick zu allen entsprechend getaggten Notizen navigieren.
- Erwähnungen: Hier werden verlinkte und nicht verlinkte Erwähnungen eingeblendet. Erwähnungen von und zu anderen Notizen mit Verlinkung werden in der Graphen Ansicht dargestellt.
- Gliederung: Formatierte Überschriften werden automatisch in die Gliederungsansicht übernommen.
Tags
Du kannst jeder Notiz einen Tag oder mehrere Tags zuweisen. Die Notes werden dadurch gruppiert und können entsprechend gefiltert werden.
In der Graphen Ansicht schaffen Tags übergreifende Zusammenhänge zwischen Themen und ergänzen damit direkte Verlinkungen zwischen Notizen.
Soweit Tags als Ordnungskonzept genutzt werden, sollten sie idealerweise auch konsequent vergeben werden. Ein oder zwei Tags sind völlig ausreichend pro Notiz, ansonsten kann es Redundanzen geben.
Metadaten
Du kannst Notizen und Texte mit diversen Metadaten anreichern, sogenanntem Markdown Frontmatter. Diese Metainformationen können dann auch durchsucht und für Sortierung genutzt werden. So schaffst du zusätzlich Ordnung.
Metainformationen werden im maschinenlesbaren YAML Format erstellt, jeweils am Anfang der Textdatei. Das kann z.B. so aussehen.
---
title: A day in my life
tag: journal
publish: false
---
Die entsprechenden Dokumenten-Header können über Templates verwaltet werden und mithilfe des Dataview Plugins gefiltert werden.
Graphen Ansicht
In der Graphen Ansicht kannst du Beziehungen zwischen den Notizen sowie Tags in deinem Vault visualisieren:
- Kreise stellen Notizen bzw. Knoten dar.
- Linien stellen interne Verbindungen zwischen Knoten dar.
- Je mehr Objekte auf einen bestimmten Knoten verweisen, desto größer wird er.
Du kannst mit der Maus über den Graphen navigieren und Verbindungen oder Tags hervorheben. Mit dem Scrollrad der Maus wird die Ansicht vergrößert oder verkleinert.

Die Graphen Ansicht in Obsidian kann dabei helfen zu verstehen, wie Ideen miteinander verbunden sind. Gedanken und Notizen lassen sich so besser organisieren und auf verwandte Themen prüfen. Zudem können optische Häufungen auch Trends und Schwerpunkte in den eigenen Gedanken aufzeigen.
Insgesamt ist die Grafikansicht ein leistungsstarkes Tool, mit dem du Gedanken organisieren, verwandte Informationen finden und neue Ideen generieren kannst.
Individualisierung
Obsidian bietet viele Möglichkeiten für Individualisierung. In den Einstellungen unter "externe Erweiterungen" finden sich (Community-)Plugins, in der Farbschemen Verwaltung unter "Darstellung" jede Menge Themes zur Anpassung der Nutzeroberfläche nach Geschmack.

Ich würde denken, für den Anfang ist weniger mehr. Denn so kannst du die Funktionen und das Bedienkonzept erstmal einfach und in Ruhe kennenlernen. Zudem fällt es dann auch leichter, einen eigenen Workflow zu entwickeln.
Einsatzmöglichkeiten für Obsidian
Notes
Der naheliegende Anwendungsfall sind Notizen. Sie können in Ordner sortiert, mit Tags und Metainformationen belegt und mittels Graph exploriert werden. Das Markdown Format lässt sich einfach weiterverarbeiten und alle Daten bleiben lokal auf deinem Rechner.
Wissensmanagement (persönliches Wiki)
Ein persönliches Wissens-Wiki ist ein digitales Werkzeug, mit dem du dein Wissen sammeln, organisieren und teilen kannst.
Auf der Basis deiner miteinander verknüpften Notizen entsteht im Zeitverlauf eine regelrechte Wissensdatenbank. Interne Verlinkungen sowie Tags schaffen Transparenz und Visualisierung in der Graphen Ansicht. Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Themen werden sichtbar, wie in einem "zweiten Gehirn".
Wenn du eine Wissensdatenbank mit anderen teilen möchtest, kannst du sie einerseits in eine Vielzahl von Formaten exportieren, z. B. HTML, PDF oder Markdown. Andererseits ist es auch möglich, dein persönliches Wiki z.B. mit Obsidian Publish (kostenpflichtig) oder manuell mittels Markdown Dateien und Github Pages ins Netz zu stellen.
Publishing
Obsidian eignet sich prima, um längere Texte oder sogar Bücher zu schreiben. Ich empfehle dafür das Longform Plugin. Zu den Features gehören:
- Ein eigener Punkt in der Menüleiste, unter dem die Longform Projekte erscheinen.
- Anzeige von Wortanzahlen für Kapitel und Projekte.
- Ziele für täglich zu verfassende Texte.
- Ein Workflow-basiertes Kompilierungstool, mit dem verschiedene Kapitel als einheitliches Manuskript kompiliert und ggf. veröffentlicht werden können.

Das Longform Plugin findest in den Obsidian-Einstellungen unter dem Reiter "Community Plugins" (nach "Longform" suchen).
Mit der rechten Maustaste kannst du anschließend einen Ordner in ein Longform Projekt umwandeln und unter dem neuen Reiter Kapitel anlegen und alles bearbeiten.
Journaling
Das tägliche Journaling ähnelt dem Führen eines Tagebuchs, aber du musst natürlich nicht (nur) über Gefühle und Affirmationen schreiben, sondern kannst auch Ziele, Projektfortschritte, Kundengespräche oder Entwicklungsfortschritte notieren.

Das Kalender Plugin macht es dir im Zusammenspiel mit Periodic Notes sehr leicht, in Obsidian tägliche Notizen anzulegen und ein Journal zu pflegen:
- Erstelle eine Vorlage mit Datum, Uhrzeit und ggf. einem Tag. Das vereinfacht die Organisation.
- Das Kalender-Plugin erstellt automatisch eine neue Notiz für jeden Tag. So kannst du deine täglichen Journaleinträge leicht im Auge behalten.
- Über die Suche findest du deine Einträge wieder. Du kannst nach Datum, Tag oder Stichwort suchen.
Hier noch einige zusätzliche Tipps für das Journaling in Obsidian:
- Sei konsequent. Versuche, jeden Tag einen Eintrag zu schreiben, das muss nur ein paar Minuten dauern.
- Sei ehrlich zu dir selbst, nur so kannst du deine Arbeit und Learnings sinnvoll reflektieren.
- Sei kreativ. Es gibt keine richtige oder falsche Art, ein Journal zu führen. Experimentiere mit verschiedenen Formaten und Stilen und finde deinen eigenen Workflow.
Editor für WordPress oder Github Pages
Markdown lässt sich einfach über Kopieren/Einsetzen in WordPress oder Github übernehmen. Wenn dir das CMS deiner Wahl zu langsam und schwerfällig ist, dann kannst du in Obsidian Texte vorschreiben und anschließend einfach übernehmen. So mache ich es auch und finde das sehr effizient.
Fazit
Ich nutze Obsidian erst seit Anfang 2023, aber es hat sich sehr schnell zu einem meiner Lieblingstools entwickelt. Und ich kann es sehr empfehlen, Obsidian einmal auszuprobieren - soweit du ein Anwendungsszenario vor Augen hast und bereit für Neues bist.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Obsidian nach deinen Wünschen einzurichten. Das Setup muss sich deinen konkreten Anforderungen und deiner Arbeitsweise anpassen und du solltest die Anwendung nicht überfrachten.
Ich nutze Obsidian in erster Linie für Notizen und Texte: Code-Schnipsel, Ansprechpartner und Adressen, Texte für Websites, sowie Aufzeichnungen, Workflows und Best Practice für meine Arbeit. Habe Obsidian mit ein paar Plugins veredelt, namentlich die bereits erwähnte Editing Toolbar, Language Tool Integration für schnelle Rechtschreibprüfung, Todoist Link für die Übernahme von To Dos und das praktische Paste URL.
Vielleicht entwickelt sich daraus irgendwann eine Wissensdatenbank oder es erschließen sich mit der Zeit noch weitere gute Anwendungsmöglichkeiten. Ich bleibe jedenfalls dabei.